Ziel der Veranstaltung am 9.11 war es für die Themen Digitale Nachbarschaften und Wirkungsmessung/Wirkungssiegel zu sensibilisieren, eine Diskursübersicht zu erhalten, die Diskussion im Kiez zu öffnen, eine Übersicht über Chancen, Herausforderungen, Grenzen, Risiken festzuhalten und eventuelle Prozesse und Forderungen aus den Gemeinwesennetzwerk zu stellen.
Teil II
Themenschwerpunkt: Chancen und Risiken von Wirksamkeitsmessung und Wirkungssiegel in der Gemeinwesenarbeit
Wirkungsorientierung und Evaluierung von Wirkung/Wirkungsmessung in der Sozialen Arbeit/Nachbarschaftsarbeit/ Gemeinwesenarbeit
Der Begriff Wirkung? Welche Begrifflichkeiten stecken dahinter?
- Social Impact (Soziale Einfluss)
- „Lösung“ für gesellschaftliche Probleme
- Soziale Innovation
Wirkungsorientierung: heißt?!
- Wirkungen sind Veränderungen, die durch die Arbeit für Zielgruppen, deren Lebensumfeld und die Gesellschaft erreicht werden.
- Ein Projekt ist darauf ausgerichtet, Wirkungen zu erzielen. Entsprechend dieser Ausrichtung wird es dann geplant und umgesetzt.
- Erwünschte Wirkungen haben Wirkungs-Ziele. Wirkungsanalyse prüft Zielerreichung.
- Wirkungsorientierung tritt auf in Verbindung mit Fundraising „Verständnis von Fördergebern als „Wirkungs-Investoren“ Phineo und Skala –haben auch das Wirkungssiegel (Quelle: Wirkungsworkshop Camp Group)
- Wirkung und Organisationsentwicklung „Wirkung als Grundhaltung , Grundlage für Planung und Entwicklung , Unterstützung im Projektmanagement, Unterstützung in der Teamzusammenarbeit (Quelle: Wirkungsworkshop Camp Group)
Was ist Wirkungsmessung?
- Die Wirkungsmessung evaluiert sozusagen die vorher gesetzten Ziele, die gesetzt wurden wo eine Wirkung /Veränderung stattfand.
- Wirkungsmessung ist ein Instrument aus der Wirtschaft
- Qualitative und Quantitative Methoden (Elemente der Berichterstattung wie Organisationsstruktur und Finanzen)
Warum ist das Thema Wirkungsmessung – Wirkungsorientierung so aktuell?
- Kritik aus der Gemeinwesenarbeit und der Stadtteilarbeit in Fachtagungen, Netzwerktreffen etc. mit der Frage: Weicht der an Fachlichkeit orientierten Sozialen Arbeit dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit? (Quelle: https://soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/view/393/691)
- Es werden Wirkungssiegel vergeben
- Diese Wirkungssiegel verändert die Förderlandschaft.
„Was schwingt mit: Wenn ich als Verein das nicht habe, heißt das meine Arbeit wirkt nicht? Ist nicht gut?“
- Manche Förderprogramme wie zum Beispiel SKALA sind schon verknüpft mit dem Wirkungssiegel
„Wer ist wirkungsvoller? Bei sozialen Projekten schwer zu sagen.“
- Steigerung des Wettbewerb um Förderprogramm
- Social Entrepreneurship steigt
Was ist das Ziel der Wirkungsorientierung?
- Mitarbeitende aus- und weiterbilden
- Bietet Werkzeuge für die tägliche Arbeit
- Diskussionspartner auf Augenhöhe im Bereich der Wirkungsorientierung
- fachlich gewappnet zu sein, als selbstbewusster Akteur der Sozialwirtschaft
Warum Wirkungsorientierung: Druck von außen „Dein Projekt wirkt“
- soziale Organisationen als steigender Kostenfaktor
- Sie sehen sich immer wieder mit einer Steuerungspolitik konfrontiert, die vor allem ökonomische Kriterien im Blick hat. In der Planung öffentlicher Haushalte werden soziale Organisationen als steigender Kostenfaktor gesehen und ihre gesellschaftliche Wirkung ausgeklammert. Gesucht wird also eine Alternative zum Kostenfokus.
- soziale Arbeit auf den Prüfstand
- mehr Kontrolle / Inputsteuerung zur Eindämmung der Kosten
- große Frustration
Zusätzlich werden Debatten geführt über:
1. Debatte Messbarkeit ( GWA, Soziale Arbeit, Nachbarschaftsarbeit)
- Ist Soziale Arbeit, Gemeinwesenarbeit und Nachbarschaftsarbeit messbar?
- Können Fragebögen in offenen Beratungsstellen und offenen Stadtteilzentren eingesetzt werden
2.Debatte: Standardisierung von Wirkung
- Phineo Ag und der Wirkungssiegel
- Wettbewerb um Förderprogramme angesichts des Mangels an Strukturförderung
3.Debatte: Gibt der Staat seine Aufgaben ab?
- Social Entrepreneurship und der standardisierte Verständnis von Wirkung
- Soziale Unternehmen mit Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit
- Nur noch Messbare Output-Einheiten als Ergebnisse
(Quelle: Aktuelle Diskurse, Debatten und kritische Perspektiven in der Evaluierung von Wirkung in der Sozialen Arbeit und in den Erziehungs-, Bildungs- und Gesundheitsprofessionen (SAGE))
*Bedenken:
„Dass damit das Ende einer an Fachlichkeit orientierten Sozialen Arbeit befürchtet wird, dass dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit weicht, muss wohl an dieser Stelle nicht näher ausgeführt werden. In diesem Kontext muss sie sich auch mehr denn je die Frage gefallen lassen, ob ihr sozialanwaltschaftliches Rollenverständnis überhaupt noch adäquat ist oder ob es sich im wirkungsorientierten Vollzug aufzulösen droht (vgl. ebd.). Denn wenn sich „cookbook social work“ und Managerialismus die Hände schütteln, dann stellen sich keine Fragen der Professionalisierung von Sozialer Arbeit mehr, sondern im Gegenteil – wie Dimmel polemisch aber durchaus treffend bemerkt, muss sie in der „Hegemonie des Finanzcontrollings“ nachweisen, „warum es sie überhaupt (noch) geben soll“
(Quelle: https://soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/view/393/691)
Anwendung der Wirkungsorientierung am Beispiel Paritätischer Wohlfahrtsverband Berlin e.V.:
Paritätischer Wohlfahrtsverband Berlin e.V. hat den Fokus auf Wirkungsmessung/Wirkungsorientierung seit 2014 – und für sie gilt: soziale Arbeit wirkt
Eine Zusammenfassung ihres Prozesses mit der Wirkungsorientierung findet ihr unter diesem Link (nach unten scrollen)
http://www.bagsozialestadtentwicklung.de/artikel/rueckblick-bag-fachforum-2017
Diskussion im BAG-Fachforum 2017
„Die BAG Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit hat Ende November gemeinsam mit 70 Teilnehmenden in einem Fachforum das Handlungsfeld: „Wirksamkeit von Gemeinwesenarbeit und Quartiermanagement“ thematisiert. Die Aktiven aus Stadtteilzentren, Gemeinwesen- und Nachbarschaftsinitiativen, sowie aus Planung und Verwaltung diskutierten die Möglichkeiten der Darstellung von Wirksamkeit bezogen auf Stadtteile und Quartiere. Dabei wurde deutlich, dass Wirkungsmessung, aufwendig ist. Organisationen müssen hierfür Ressourcen bereitstellen. Gleichzeitig muss klar sein, dass die Ergebnisse zu Veränderung und Entwicklung in der Organisation und im Gemeinwesen führen. Bezogen auf die die Gemeinwesenarbeit im Stadtteil/Wohnquartier geht es darum, die Veränderungen im Komplex in den Blick zu nehmen. Das heißt, die mittel- bis langfristige Wirkung der Menschen vor Ort, der Nachbar*innen, der Aktiven in Initiativen oder Organisationen und der Entscheider sowie der Geldgeber müssen betrachtet werden. Eine klare Ursache – Wirkungsanalyse ist hier nur bedingt möglich. Jedoch ist es nötig einzelne Entwicklungsphasen in geeigneter und Zeitgemäßer Form darzustellen und auf die Bedarfe der jeweiligen Nutzer*innengruppen anzupassen. Die Werkzeuge zur Darstellung von Wirkung muss jede Organisation für sich auswählen. Zentrale Forderung war, dass die Wirkungsdebatte mit einer Qualitätsentwicklungsdebatte verbunden sein muss und nicht die Basis für Kürzungen von Ressourcen und Finanzen ist.“
(Quelle: http://www.bagsozialestadtentwicklung.de/artikel/rueckblick-bag-fachforum-2017)
„Natürlich scheint es trotz aller Widersprüche und Kritik an einer Wirkungsorientierung sinnvoll, sich mit der Frage um Wirkungen zu beschäftigen, nicht zuletzt deshalb, um etwas entgegen zu setzen.“
Diskussion und offene Fragen!
Wenn eure Arbeit in Zukunft gemessen werden soll. Welche Fragen entstehen?
Erfahrungen, Befürchtungen und Fragen
- Gefahr besteht jetzt, dass wir unvorbereitet einer neuen Förderlandschaft entgegen gehen.
- Das wir gezwungen sind Wirkungssiegel zu erhalten und unsere Arbeit sich auf Wirkung ausrichtet. Wichtige Bereiche der Gemeinwesenarbeit gehen damit verloren: Wie willst du einen offenen Bereich messen, ob der Besuch von Person A auf irgendeiner Weise eine Veränderung hervorgebracht hat. Oder können dann auch Anträge wie ein offener Treff gar nicht mehr gestellt werden, weil es jetzt heißen muss „Offener Treff für Migrant*innen 27 -50 Jahre“.
- Wirkung wird mit Kontrolle, messbare Leistung verwechselt ….es kommt darauf an welche Haltung wir haben, wie lesen wir das alles – es sollte eigentlich kein Kontroll- oder Druckmittel sein
- Keine gemeinsame Sprache was unter Wirkung verstanden wird
- Zivilgesellschaftliche Akteur*innen müssen standardisiert festlegen wie gemessen wird - Akteur*innen entscheiden was wirkt
- Jetzt ist der Zeitpunkt mit öffentlichen Geldgebern in den Austausch zu gehen
- Neue Sprache, Inhalte nicht ganz neu
- Problem wer sagt das es nicht wirkt wenn ich nur 3 Teilnehmer habe/ 3 Befragungen haben, oder ist eine Wirkung nur bei 100 Menschen. An der Zahl werden wir scheitern, wenn nicht gelichzeitig der Kontext erfasst wird
- Es ist schwierig was zu standardisieren in der sozialen Arbeit
- Wie ehrlich ist dann die Soziale Arbeit mit ihren Zahlen später
- Wirkungsorientierung ist nicht das Hauptthema in dem Diskurs eher das Wirksiegel
- Ein Zertifizieren bedeutet das bekämpfen von kleinen Strukturen
- Es gibt keine Begründung warum braucht es das Siegel?
- Entwertung unserer Arbeit
- Es gibt schon sehr viel Forschung im Gemeinwesen dazu
- Der 3. Sektor ist noch nicht verwertet und wird „noch nicht“ wirtschaftlich gedacht , staatliche Leistungen abgegeben und in Konkurrenz treten
- Alternative ein Siegle von unten?
- Förderung darf nicht von Wirkungsmessung verbunden sein
- Alles kann durch ein ökonomisches Interesse kaputt gemacht werden
- Welcher Arbeitsaufwand kommt da auf uns zu?
- Arbeiten wir dann noch am Menschen selbst?
- Will der öffentlich geförderte Bereich auch unsere Arbeit messen und das standardisiert?
- Wissenstand der Universitäten?
- Wie ist der Bezug zur Gemeinwesenarbeit?
- Welche Fördertöpfe orientieren sich nach der Wirkungskette?
- Wirkungsmessung geht nicht umsonst!
- Wirksiegel! Wer ist wirkungsvoller? Gefahr welcher Verein/welches Projekt ist besser?
- Wäre eine Lösung: Kooperationen, gemeinsamer Fragebogen, Daten die wir alle brauchen
- Was können wir als Netzwerk machen oder was brauchen wir um den Prozess mitzubestimmen?
Leider konnte aus Zeitgründen die Diskussion zu dem Thema nicht weiter vertieft werden.
Es besteht Interesse über das Thema weiter zu reflektieren und in den Dialog zu gehen.